Auguste Mönch *21.09.1893 - 1979


Kauffrau, Jüdin, politisch aktiv

1933-1945 mit der Familie auf der Flucht

 

 als Hilfskrankenschwester im Lazarett Frankfurt lernte sie ihren Mann Gustav, der als Soldat aus dem 1. Weltkrieg zurückkam, kennen. Gemeinsam zogen sie nach Friedberg, wo sie eine kleine Druckerei betrieben und sich in der Deutschen Friedensgesellschaft (DFG) engagierten. Als die SPD 1931 die Mitgliedschaft bei ihr für unvereinbar mit der in der DFG erklärte, verließen die Mönchs die SPD und schlossen sich der Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands (SAPD) an. Die Mönchs druckten auch Schriften gegen Revanchismus, Revisionismus, Demokratiefeindlichkeit und Fremdenhass. Daraufhin wurde die Familie diffamiert, öffentlich herabgesetzt, bedroht und tätlich angegriffen. 


 

Vita Auguste Mönch, geb. Neuhof

 

geb.: 21.09.1893 in Friedberg, kaufmännische Ausbildung, Englisch und Französischkenntnisse, Zusatzausbildung als Hilfskrankenschwester.

 

Gustav Mönch, geb.: 13.06.1890 in Lothringen, ( nach dem 1. WK, Versailler-Verträge, wird Lothringen französisches Protektorat) aufgewachsen in ärmlichen Verhältnissen, kaum Bildung. Soldat im 1. Weltkrieg in Polen, Einsatz als Pferdewirt. Er erkrankt zu Ende des Krieges, kommt ins Lazarett nach Frankfurt am Main. Lernt Auguste Neuhof kennen, die dort als Hilfskrankenschwester tätig ist. Sie verlieben sich in einander. Heirat am 22.05.19 in Frankfurt am Main. Wohn-und Lebensort wird Friedberg. 2 Töchter, Hilde und Lene, werden geboren. Gustav eröffnet mit Augustes Unterstützung einen kleinen Druckereibetrieb, tut sich aber auf Grund der allgemeinen politischen Lage schwer. Es gelingt Gustav jedoch ihn zu erhalten und damit ein Einkommen für seine wachsende Familie zu erarbeiten. Seine Aufträge waren nicht nur allgemeiner Art sondern auch politisch geprägt. Er veröffentlichte Schriften gegen Revanchismus, Revisionismus, Demokratiefeindlichkeit und Fremdenhass.

 

Die Eheleute Mönch erhofften sich eine Einheitsfront der Arbeiterparteien zur Abwehr der nationalsozialistischen Gefahr. Dieser Traum erfüllt sich aber nicht. Auguste trat auf öffentlichen Wahlveranstaltungen für die SAPD an, konnte aber keine nennenswerten Wählerzahlen auf sich vereinen. Die Verwandtschaft mit der jüdischen Familie Neuhof, die ebenfalls diese politische Richtung verfolgte, machte sie bei den aufsteigenden nationalen Rechten und den Nationalsozialisten zu Außenseitern, die es zu Verfolgen galt.

 

Vermutlich Mitte der 20er Jahre schlossen sich die Mönchs der SPD und der radikal pazifistischen DFG-West an, für die sie auch eine Wochenzeitung „Das andere Deutschland" herausbrachten. Beide Gruppen scheuten dabei nicht die offene Konfrontation mit nationalsozialistischen Gruppen. Anfang der 30er Jahre geriet die Familie Mönch zusehends unter politischen Druck. Gustav wurde öffentlich als Landesverräter verunglimpft. Die Scheiben seiner Druckerei wurden eingeschlagen. Nach mehreren weiteren unerfreulichen Vorkommnissen erhob der Lehrer Dreher, angeblich im Auftrag des Stahlhelms, Anklage gegen Gustav Mönch wegen Landesverrates. Bierflaschen mit Nervengift gefüllt, flogen in die Druckerei.... Die örtliche Polizei, stellt die Ermittlungen ein.

 

Anfang 1933 wurden Auguste und Gustav zusammen mit anderen Friedbergern in Schutzhaft genommen. Beide Töchter wurden von der Schule nach Hause geschickt. Hilde, die jüngere durfte ihre Mutter gleich besuchen, Lene erst am nächsten Tag. Auch die Eheleute durften kurz darauf miteinander sprechen. Gustav hatte sich 1927 bei einem Autounfall einen Wirbelsäulenschaden zugezogen. Aufgrund dessen er die Schutzhaft bereits kurzfristig wieder verlassen durfte. Die Familie entschied sich zur Flucht. Gustav organisierte für sich einen Pass für ein Geschäftsreise ins Saarland (das wurde damals noch vom Völkerbund verwaltet) und Auguste beantragte einen Pass für eine Erholungsreise mit den Töchtern in den Schwarzwald. Beidem wurde ohne, Einschränkungen, stattgegeben. Unterstützt von Freunden reiste die Familie zunächst nach Frankfurt und von da aus ins Saarland (zu diesem Zeitpunkt noch franz. Protektorat im Auftrag des Völkerbundes). Das Vermögen der Familie, Haus, Geschäft und Gartenland in Friedberg waren verloren; Haus und Gartenland wurde später in Friedberg zwangsversteigert.

 

Fam. Mönch fand Zuflucht in Saarbrücken im Haus von Gustavs Eltern und seiner Schwester. Die Verhältnis waren beengt und arm. Gustav bekam eine Anstellung in der Schokoladenfabrik Hachez, übernahm dann aber die Filiale einer Saarländischen Zeitung. Auguste arbeitete ehrenamtlich für die SPD Saarland unter Max Braun. Beide hofften, das sich das Saarland für einen Anschluss an Frankreich entscheiden würde. 1935 votierten 91% der Saarländer für einen Anschluss an Deutschland. Gustav gelang es, aufgrund seiner Herkunft aus Belgien, im französischen Konsulat Saarbrücken Passierscheine für politisch Verfolgte (ohne Einschränkung) zu erhalten. Anfang 1935 flohen er und seine Frau weiter nach Frankreich, wo sie in einem Auffanglager (Muret, südl. von Toulouse) Aufnahme fand. Ein Schwager hatte ihnen Geld geliehen und nach Auflösung des Lager 7/35 fand die Familie eine Wohnung in Toulouse. Möbel und Kinder kamen aus dem Saarland nach. Gustav und Auguste durften Arbeiten und konnten sich und die Kinder spärlich über Wasser halten. Auch die Kinder mussten nach der Schule mit kleinen Arbeiten zum Unterhalt der Familie beitragen. Die Familie wurde ab und an von der Organisation geflohener deutscher Pazifisten, Genf, unterstützt. Der Leiter Ludwig Quidde setzte sich sehr für sie und andere Flüchtlinge ein. 

 

Mit einem Freund versucht Gustav eine Wäscherei und Kaninchenzucht aufzubauen. Es gab einen Zuschuss von der o.a. Organisation dafür. Als der Überfall Deutschlands auf Polen erfolge, wurden alle männlichen deutschen Emigranten im Alter zwischen 17 und 48 Jahren in Internierungslagern festgesetzt. Auguste und die Töchter kümmerten sich um das magere Geschäft und vermieteten 2 Zimmer der eigenen Wohnung. Auguste gab auch französischen Schülern Nachhilfe in Deutsch. Fast täglich schrieb sie ihrem Mann, versorgte ihn mit Lebensmitteln und Sanitärartikeln und unternahm zähe Behördengänge für die Freilassung ihres Mannes. Die deutschfeindliche Stimmung in der Nachbarschaft war für sie und die Töchter eine weitere Erschwernis. Über die Organisation von Quidde versuchte Auguste Gustav aus der Internierung zu befreien. Vergeblich. Seine Fähigkeiten waren für die französische Kriegsindustrie nicht zu verwenden und das Verfahren wurde verschleppt. Auch für eine Rekrutierung war er zu alt.

 

Falsche Freunde im Lager ließen ihn spionageverdächtig erscheinen und er wurde zwei mal in andere Lager verlegt. Erst 6/40 kurz vor der deutschen Besetzung Frankreichs wurde er entlassen. In der Zwischenzeit musste auch Auguste mit den Töchtern in ein Internierungslager nach Grus, in der Nähe der Pyrenäen, ziehen. Kurz darauf musste auch dieses Lager geräumt werden. Dort zogen nun verschleppte Juden ein. Nach der Internierung ging die Familie zurück nach Toulouse. Die Töchter nahmen ihre Ausbildungen wieder auf. Im Sommer 42 verlangte das NS-Regime die Auslieferung aller ausländischen Juden. Um der GESTAPO zu entgehen, flüchteten sie 12/42 nach Aste in die hohen Pyrenäen. Dort ließen sie sich unter dem Namen Lemoine mit belgischer Staatsangehörigkeit nieder. Die notwendigen Papiere fälschte Gustav mit seinen Druckerkenntnissen. Da auch dort die Lage immer unsicherer wurde, floh die Familie schließlich zusammen mit 20 anderen Flüchtlingen bei Nacht, zu Fuß über die Berge nach Spanien. Nachts wanderten sie, tagsüber verbargen sie sich in Scheunen. 10.000.- Francs pro Person verlangten die Schleuser dafür. Dank der Unterstützung des belgischen Konsulates in Barcelona und des franz. Roten Kreuzes konnten die Mönchs ihre gefälschte Identität bewahren und endlich in Barcelona unbehelligt leben. Beider Töchter konnten Ihre Ausbildung wieder aufnehmen. So konnte die Familie ihr Leben retten. Anders als alle Friedberger Verwandten von Auguste die in verschiedenen KZ ermordet wurden. 

 

Bis 9/46 blieben Mönchs in Barcelona und kehrten dann in ihre alte Wohnung nach Toulouse zurück. 1949 erhielten sie die französische Staatsbürgerschaft. 

 

Lene, die älteste Tochter, hat Geschichte der Emigration bewahrt und an Herrn Prof. Lütgemeir – Davin gegeben.



  


Frankfurter Rundschau  

 

Friedberg Wetterauer Geschichtsblätter berichten über Verbrechen und Verfolgung 


Artikel in der FR vom 25.01.2012, von Bruno Rieb

 

Wie ein Krimi mit reißerischem Titelbild kommt die jüngste Ausgabe der Wetterauer Geschichtsblätter daher. „Bombenanschlag in Friedberg 1910“ steht groß darauf, darunter eine Fotomontage, bei der eine Bombe im Rathaus zu explodieren scheint. Das spektakulärste Verbrechen, das die altehrwürdige Kreisstadt erlebte, ist ein Thema dieser Ausgabe.

Im Sommer 1910 hatten zwei schwere Jungs zunächst als Ablenkungsmanöver eine Bombe im Rathaus gezündet und dann die Reichsbanknebenstelle an der Kaiserstraße überfallen. Die Täter Otto Winges (20) und Karl Werner (19) hatten sich im Jugendknast kennengelernt.

 

Bankvorsteher Meyer trat den Ganoven mutig entgegen. Die schossen auf ihn. Er wurde von einer Schrotkugel an der Stirn gestreift und bekam eine Kugel in den Hinterkopf. Die Räuber flüchteten ohne Beute. Winges stahl ein Fahrrad. Er wurde von der Polizei verfolgt. Aus zwei Pistolen schoss er auf die Verfolger. Dabei verletzte er einen unbeteiligten taubstummen Jungen mit einem Bauchschuss schwer. Als die Polizei Winges stellte, erschoss der sich mit der letzten Kugel in seiner Pistole.

 

Während Winges die Verfolger auf sich zog, konnte sich Werner verdrücken. Er floh zunächst nach Antwerpen, dann nach Paris. Er kam nach Deutschland zurück und wurde festgenommen, weil er von einem ehemaligen Klassenkameraden erkannt worden war. Am 6. Dezember 1910 wurde ihm in Gießen der Prozess gemacht. Er wurde zu lebenslanger Zuchthausstrafe verurteilt. Lutz Schneider, Herausgeber der Geschichtsblätter und Leiter des Friedberger Stadtarchivs, hat das Verbrechen akribisch nachgezeichnet.

 

Das genaue Gegenteil dieser schweren Jungs war die Friedberger Familie Mönch. Gustav und Auguste Mönch betrieben eine kleine Druckerei und engagierten sich in der Deutschen Friedensgesellschaft (DFG). Als die SPD 1931 die Mitgliedschaft bei ihr für unvereinbar mit der in der DFG erklärte, verließen die Mönchs die SPD und schlossen sich der Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands (SAPD) an. Die Mönchs druckten auch Schriften gegen Revanchismus, Revisionismus, Demokratiefeindlichkeit und Fremdenhass. Das sei ein Ansatzpunkt für die Feinde der Demokratie in der Kleinstadt gewesen, „die Familie zu diffamieren, sie öffentlich herabzusetzen, zu bedrohen und tätlich anzugreifen“, berichtet Reinhold Lütgemeier-Davin, der die Geschichte der Familie in den Geschichtsblättern nachzeichnet.

 

Die Familie Mönch flüchtete zunächst ins Saarland, dann nach Südfrankreich. Es sei ihm darum gegangen, das Schicksal kleiner Leute im Exil zu beschreiben, nicht das berühmter Schriftsteller, sagt Lütgemeier-Davin.

 

Weitere Themen dieses Bandes der Wetterauer Geschichtsblätter sind die Sitzungsorte der Bad Nauheimer Stadtverordnetenversammlung und die Geschichte der Wetterauer Zeitung. 

 


Quellennachweis:

 

Rieb, Bruno (2019): Schwere Jungs und Pazifisten. Wetterauer Geschichtsblätter berichten über Verbrechen und Verfolgung. Frankfurter Rundschau. https://www.fr.de/rhein-main/wetterau/schwere-jungs-pazifisten-11322399.html, letzter Zugriff: 05.07.2023.